Archiv der Kategorie: Antimilitarismus

Warum wird man in Sudan Anarchist?

Diese Frage hat mich immer wieder verfolgt – in vielen Momenten innerhalb eines Landes, das sich durch seine ideologische, kulturelle, ethnische, stammesbezogene und politische Vielfalt auszeichnet – einem Land voller unzähliger Optionen, von denen jedoch keine frei ausgeübt werden kann. Denn von dem Moment an, in dem du geboren wirst, wird deine Identität im Sudan durch die Religion festgelegt, während deine Stammeszugehörigkeit entscheidend für deine kulturelle Prägung und sogar dein Schicksal ist.

Um im Sudan Anarchist zu werden, musst du es geschafft haben, all diese aufgezwungenen Identitäten und erstickenden Fesseln zu überwinden, die uns in den Mahlstrom des Staates treiben. Der Sudan ist ein Land, in dem Krieg, Krisen und Krankheiten niemals enden. Ein Volk, das von militärischen, religiösen und stammesbezogenen Ideologien durchdrungen ist – idealer Nährboden für die Entfachung von Konflikten.

In einem solchen Land habe ich mein eigenes Leben oft mit Erstaunen betrachtet.
Unsere Kämpfe gleichen häufig Actionfilmen – für Außenstehende mag das fremd oder unglaublich wirken –, doch das Überleben bedeutet ständiges Entkommen vor verfeindeten Fraktionen und das Ausweichen vor direktem Kugelhagel: Kugeln des Staates, der Religion, des Stammes, der Sekte und der bewaffneten Fraktionen.

Anarchist zu sein ist ein Ausdruck des tiefen Bewusstseins über das Versagen dieser Systeme.
Es ist ein Bewusstsein, das dich an die äußersten Grenzen des politischen Kampfes und der tiefen menschlichen Erfahrung treibt. Und dieser Weg führt nur zu zwei Ergebnissen: Entweder bleibst du ein wahrhaft revolutionärer Widerstandskämpfer – oder du wirst vom Strudel der Macht verschlungen.

Wie die Macht im Sudan viele Gesichter hat, so hat auch die Opposition zahlreiche Formen:
Es gibt politische Widerstandsbewegungen, Parteien, Söldnergruppen, sogenannte revolutionäre und liberale Milizen, die jedoch auf Stammesstrukturen beruhen, und kulturelle Fraktionen, die in autoritären Ideologien und Propaganda verhaftet sind. Diese ineinander verflochtenen Hierarchien sind die Wurzel der sudanesischen Krise.

In Wahrheit ist der Sudan nichts anderes als eine Ansammlung kleiner Völker, eingesperrt in einem Staat, der eine brutale Herrschaft ausübt und keinerlei Menschenrechte außerhalb seiner eigenen Interessen anerkennt. Darüber hinaus hat die Ideologie der radikalen Islamisten eine weitere Rolle dabei gespielt, Unwissenheit und Rückständigkeit im Sudan zu vertiefen.
Der Versuch, all dies als einzelner Anarchist zu bekämpfen, gleicht dem Kampf eines Wolfs unter einer Hyänenmeute: Entdecken sie auch nur eine einzige Schwäche in dir, wird das unweigerlich dein Untergang sein.

Der Weg nach vorn beginnt damit, jene zu finden, die deine Gedanken teilen, sie gemeinsam weiterzuentwickeln und ihnen Wissen und Bildung zu vermitteln. Als Anarchist spürst du, dass deine Mission – wo immer du bist und mit welchen Mitteln du auch ausgestattet bist – die Verbreitung von Freiheit ist. Der Preis dafür mag hoch sein – er könnte dich dein Leben kosten.
Doch all dies ist nur ein kleiner Beitrag auf der Waage der Befreiung, die die Menschen brauchen, um ein würdevolles menschliches Leben zu führen.

Freiheit ist der höchste Zustand des Daseins – und der Anarchismus zeigt uns, wie wir sie erreichen und praktizieren können. Freiheit ist kein bloßes poetisches Wort für Sehnsüchte – sie ist Anstrengung, ein Bekenntnis, mit sich selbst und anderen frei zu sein, und ein Kampf, um Freiheit Wirklichkeit werden zu lassen. Anarchist zu sein ist ein Geschenk, das sich weder monopolisieren noch verbergen lässt. Frei zu sein heißt, Anarchist zu sein – und Anarchist zu sein heißt, frei zu sein.

Fawaz Murtada

Was ist Anarchismus?

Höre nicht auf die Lügen des Regimes und der Medien, frage stattdessen die Anarchisten selbst!
http://blackcat.cnt-ait.info

Quelle:
https://cnt-ait.info/2025/02/09/why-anarchist-sudan/

Erschienen in:
Espoir – Al Amal, Nr. 1 / Januar-Februar 2025
(https://cnt-ait.info/wp-content/uploads/2025/02/Espoir-AL-Amal-2025-en.pdf)

Übersetzung: Marah Zabalawi
Lektorat: Patrick Pav

Mehr Infos zum Thema Sudan:
https://anarchosyndikalismus.noblogs.org/?s=sudan

Sudan: El-Fasher – Anarchist:innen unterstützen die Selbstverteidigung der Stadt

Seit ihrer Gründung haben die Rapid Support Forces (RSF), bekannt als Dschandschawid, mit Unterstützung von Omar al-Baschir und der Zentralregierung in Khartum rassistische Überlegenheitsideologien verfolgt und Völkermord an der Bevölkerung von Darfur verübt.
Die Dschandschawid haben die Stadt in ein riesiges Militärlager verwandelt, indem sie umliegende Dörfer niedergebrannt und Städte in ganz Darfur verwüstet haben. Insbesondere El-Geneina, wo einige der grausamsten ethnischen Massaker der jüngeren Geschichte stattfanden.

Bei einer ihrer brutalen Taten trieben die RSF indigene Massalit in ein Abflussbecken und begruben sie bei lebendigem Leib. Von den Tätern selbst aufgenommene Videos zeigen, wie die Opfer darum flehen, erschossen zu werden, anstatt lebendig begraben. Dieses entsetzliche Bild hat sich tief in das kollektive Bewusstsein der Bewohner:innen und Gemeinschaften von El-Fasher eingebrannt. Für sie ist klar: Sich den Dschandschawid zu ergeben bedeutet, bei lebendigem Leib vergraben zu werden. Deshalb haben sie beschlossen, sich selbst zu verteidigen.

Was die Armee betrifft, so hält sie die Stadt aus rein militärischen Interessen. Doch nach dem Rückzug aus Zalingei und Wad Madani ist sie für die Bevölkerung keine vertrauenswürdige Kraft mehr. Gleichzeitig haben die bewaffneten Widerstandsbewegungen, die sich den Dschandschawid entgegenstellen, enge ethnische Wurzeln zur Bevölkerung der Stadt. Im Kern des Problems liegt jedoch die Tatsache, dass die RSF keine direkten Kämpfe gegen militärische Fraktionen führen, sondern stattdessen wahllos die Zivilbevölkerung bombardieren und gezielt Märkte und Krankenhäuser angreifen.

Dies zeigte sich deutlich in der vollständigen Zerstörung des Flüchtlingslagers Zamzam, des größten Lagers für Menschen, die vor den Gräueltaten der Dschandschawid geflohen sind. Dessen Bewohner:innen mit von den Vereinigten Arabischen Emiraten gelieferten Artilleriewaffen beschossen wurden. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben die RSF massiv unterstützt, um das Land zu spalten.

Sie liefern Drohnen, die gezielt zivile Infrastruktur zerstören, sowie Mörsergranaten und Munition, darunter 120, 125 und 130 mm Granaten. Diese wurden eingesetzt bei den brutalen und wahllosen Bombardierungen, mit dem Ziel, die Bevölkerung gewaltsam zu vertreiben. Das Interesse der Vereinigten Arabischen Emirate speist sich aus ihrem Streben, die Kontrolle über Darfurs Reichtum an Gold, Land und Vieh zu erlangen. Im Einklang mit den Ambitionen der Dagalo-Mafia, die Region zu beherrschen.

Die Bildung einer neuen Regierung durch diese Akteure legt nun offen, dass sie gezielt den Krieg anheizen. Eine Tatsache, die Anarchist:innen seit Langem erkannt haben.
Doch trotz dieser umfassenden finanziellen und militärischen Unterstützung steht die unbeugsame Entschlossenheit der Menschen in El-Fasher und ihr Überlebenskampf als unerschütterliche Kraft. Dies ist ein grundlegender Kampf, der in allen widerhallt, die den revolutionären Geist tragen und für Freiheit kämpfen.

Fawaz Murtada

Übersetzung: Marah Zabalawi

Lektorat: Patrick Pav

Quelle:
https://cnt-ait.info/2025/04/15/el-fasher/

Erschienen in:
Espoir – Al Amal, Nr. 2 / März-April 2025
https://cnt-ait.info/2025/04/15/al-amal-2/

Mehr Infos zum Thema Sudan:
https://anarchosyndikalismus.noblogs.org/?s=sudan

IAA: Erster Mai 2025

Die Arbeiter*klasse wird von allen Seiten angegriffen. An der sozial-ökonomischen Front haben wir die Prekarisierung vieler Arbeitsbereiche und die Verschlechterung vieler Arbeitsumstände. Die Mächtigen – die reichen Eliten mit ihrem eigenen Interesse an der Kontrolle über die Arbeiter*klasse – nutzen dabei ein breites Arsenal an Mitteln, um die Arbeiter*klasse zu spalten und gegeneinander kämpfen zu lassen. Fremdenfeindlichkeit spaltet uns und bringt viele, die aus einer Reihe von Gründen ausgewandert sind, immer weiter in schwierige Situationen.

Die Herrschenden haben geschickt viele Themen manipuliert, um große Teile der Bevölkerung zu spalten und den Leuten falsche Interessen einzureden, damit sie sich darum Sorgen machen, während ihnen noch der letzte Cent geraubt wird. Im schlimmsten Fall schaffen sie sogar den letzten Anschein von Demokratie ab, welche nur eine schwache Stellvertretung darstellt, und geht dann zu totalitäreren Regierungsformen über.


Die Regierungen schicken die Menschen in den Krieg, damit sie ihr Leben riskieren, um Bevölkerungen in Schrecken zu versetzen und umzubringen, sobald diese nur ein Bischen Widerstand gegen die totale Beherrschung leisten. Die Waffenproduzent*innen verdienen Milliarden durch die Zerstörung menschlichen Lebens und durch absoluten Terror.

Angesichts dessen ist es umso wichtiger das zu bekämpfen. Arbeitende sind diejenigen, welche allen Reichtum schaffen – doch für die besitzenden Klassen, die Bosse und all jene, deren Reichtum denjenigen der hart arbeitenden Menschen übersteigt. Durch Organisierung und Solidarität können wir in einer selbstverwalteten Gesellschaft die Kontrolle über unser Leben zurück gewinnen und das Produkt der menschlichen Arbeit weitaus gleicher verteilen.

An diesem Ersten Mai gedenken wir nicht nur all denen, die für diese Ziele gekämpft haben, sondern wir holen sie wieder zurück auf die Erde!

Für eine freie und freiheitliche Gesellschaft von Gleichen, die ohne Kapitalist*innen und Chef*innen selbstverwaltet ist.

Generalsekretariat der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (IAA)

Quelle: https://www.facebook.com/iwa.ait

Übersetzung: Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln

(Creative Commons: BY-NC)

Sudan: Sklaverei ist das Wesen der Macht

Ich stelle fest, dass der Rassismus im Sudan verschiedene Formen annimt. Doch es ist wichtig zu verstehen, dass alle Arten von Diskriminierung in direkter Verbindung stehen mit dem Machtkampf oder dem strukturellen Aufbau von Autorität.

Manche mögen die Vorstellung haben, dass Rassismus nur auf die Hautfarbe – schwarz oder weiß – begrenzt ist. Aber es überrascht, dass in einem Land, in dem die Mehrheit der Bevölkerung Schwarz ist, gibt es tödlichen Rassismus auf Grundlage der Hauttöne.

Das Massalit-Massaker, welches vor einem Jahr das Leben von fast 20.000 Menschen dieser indigenen afrikanischen Gemeinschaft gekostet hat, war ein entscheidender Wendepunkt in der Offenlegung des wahren Grundes dieses Krieges: Die Verdrängung und Vernichtung unabhängiger Gesellschaftsteile durch Gruppen, die ausländischen Mächten gehorchen, welche das langfristige Ziele einer Kontrolle über Land und Rohstoffe verfolgen.

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USA: Kampf dem MAGA-Angriff

Folgender Text der East Bay Syndicalists Group erschien Anfang April 2025 in Workers Solidarity:

Seit Trump ins Amt eingeführt wurde und den Milliardär-Oligarchen Elon Musk mit seinem Hacker-Team dazugeholt hat, um viele Programme und Behörden der US-Bundesregierung zu zerschlagen, sind Trump und sein Team wie ein Schnellfeuer vorgerückt, um die Opposition zu verwirren mit einem andauernden Strom von empörenden Aussagen, rechtswidrigen Durchführungsverordnungen, Kündigung tausender Bundesangestellter und Mittelkürzung für Dienstleistungen.

Protest gegen das Trump-Regime in Washington am Presidents‘ Day 2025

Das Regime verfolgt eine Strategie der „Gebietsüberflutung“ (flood the zone), um Medien und Opposition mit „Furcht und Schrecken“ (shock-and-awe) abzulenken, zu verwirren und zu überwältigen. Die Taktik von Drohung und Einschüchterung zielt auf eine Lähmung durch Angst ab. Daher ist es um so wichtiger zu betonen, dass Organisierung und gemeinsame Aktionen uns die Kraft geben zurückzuschlagen.

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Sudan: Dieses Blut reicht ihnen nicht

In der Erstausgabe des zweisprachigen Mitteilungsblattes „Espoir“ (herausgegeben von der Anarchistischen Versammlung Sudan, der CNT-IAA Frankreich und ihren Freund*innen) erschien im Januar 2025 folgender Text:

Nach fast zwei Jahres des Krieges wird die Wahrheit und die Ziele dieses Krieges zunehmend deutlicher sichtbar: Das Ziel ist einfach, die Revolution zu zerschlagen. In einer Rede bezeichnete [Staatspräsident] Bashir jüngst die Revolutionär*innen als Pöbel, was die typische Ausdruckweise von Islamist*innen ist, wenn sie die jungen Revolutionär*innen beschreiben.

Außerdem warf er ihnen vor, sie wollten mit Gewalt und Blutvergießen zurückkehren. Dabei bezog er sich auf den Beginn der Vergeltungsmaßnahmen, mit denen die Anführer der islamistischen Terrorbewegung seit Kriegsbeginn gedroht hatte.

Sie sehen die Janjaweed [„Rapid Support Forces“] nicht als ihren Feind; tatsächlich haben sie sich erfolgreich selbst vorgemacht, dass dieser Krieg bereits zu ihren Gunsten ausgegangen ist. Doch wie können sie einen Sieg für sich beanspruchen, wenn die sudanesische Bevölkerung tot, verwundet, vertrieben oder vermisst ist?

Ich frage mich, wie diese Personen überhaupt Menschen wie wir sein können? Es sind die selben Leute, welche von Anfang an die Bevölkerung ermordet und gespalten haben, die Rohstoffe der Nation verkauft und sie kaltblütig umgebracht haben.

Ich kenne nicht das Ausmaß der Zerstörung, das sie erreichen möchten, aber mir ist heute bewusst, dass wir aufstehen müssen, wenn neue Unterdrückungskamapgnen beginnen. Wir müssen unsere Verpflichtung gegenüber unseren Gefallenen erneuern und ihnen bis zum letzten Atemzug Widerstand leisten.

#TheRevolutionLivesOn

Quelle:

https://cnt-ait.info/2025/02/09/sudan-blood/
https://cnt-ait.info/wp-content/uploads/2025/02/Espoir-AL-Amal-2025-en.pdf

Übersetzung: Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln
(CC: BY-NC, asnkoeln.wordpress.com)

Hintergrundinfos:

Barbarei im Sudan: Ein verzweifelter Hilferuf von sudanenischen Anarchist*innen! (2024)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2024/05/14/barbarei-im-sudan-ein-verzweifelter-hilferuf-von-sudanenischen-anarchistnnen/

Sudan: Widerstand gegen Militärputsch (2022)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/01/14/sudan-widerstand-gegen-militaerputsch/

Polen: Kriegshetze und Klassenkampf

Folgenden Text hat die Basisgewerkschaft ZSP-IAA veröffentlicht:

Aus historischen Gründen besteht in der Bevölkerung eine gewisse Angst vor Russland. Einige Jahre lang war diese Angst unterdrückt worden, obwohl sie stets in der polnischen Verteidigungsstrategie präsent war. Doch seit dem Beginn des aktuellen Ukraine-Krieges hat die militaristische Stimmung dramatisch zugenommen. Ebenso die allgemeine Unterstützung für die Verteidigungsausgaben und eine erhöhte Militarisierung des Landes.

Polen als NATO-Mitglied mit Grenzen zur Ukraine, Russland und Belarus spielte bisher eine aktive Rolle darin, ein aggressiveres Handeln gegenüber Russland (und in geringerem Maße aus gegenüber Belarus) zu fordern. Nicht nur in der Innenpolitik, sondern auch in der Europäischen Union und der NATO.

Die Militärausgaben wurden 2022 und 2023 mehr als verdoppelt und liegen momentan auf ihrem bisher höchsten Stand. Deren prozentuale Anteile des Bruttoinlandsprodukts in Polen lagen 2023 an oberster Stelle der Ausgaben in der EU. Und das Land hat einen der weltweit höchsten Anteile, womit es sogar die Vereinigten Staaten überholt. (Nur die Ukraine, Russland und Israel, sowie Algerien, Sausi-Arabien, Oman und Kuwait haben noch höhere Prozentzahlen für Militärausgaben.)

Die Regierung versucht mit aller Kraft, die Welt davon zu überzeugen, dass Polen ein sehr wohlhabendes Land ist. Indem sie Statistiken manipuliert um aufzuzeigen, dass man hier mit einem unrealistisch niedrigen Einkommensniveau überleben kann. Dabei setzt sie die offizielle Armutsgrenze noch unterhalb dessen an, was man zum Überleben benötigt. Dennoch sind aufgrund der steigenden Preise immer mehr Menschen kaum in der Lage über die Runden zu kommen. Während die Regierung immer mehr Geld in Militärausgaben pumpt und dauernd auf die riesige Bedrohung durch Russland verweiset, werden große Teile der öffentlichen Ausgaben unterfinanziert.

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Barbarei im Sudan: Ein verzweifelter Hilferuf von sudanenischen Anarchist*innen!

In der letzten Ausgabe ihrer Zeitschrift „Anarchosyndicalisme“ berichtete die französische CNT-IAA über den Aufruf zur Solidarität von Anarchist*innen im Sudan [1], den sie auch auf Deutsch veröffentlicht hat:

Seit am 15. April 2023 ein schrecklicher Krieg zwischen zwei militärischen Fraktionen – den „Rapid Support Forces“ (oder Janjaweed-Milizen) gegen die offizielle Armee – ausgebrochen ist, leben ZivilistInnen aufgrund eines „rücksichtslosen und sinnlosen Konflikts“, der von den Vereinten Nationen in allgemeiner Gleichgültigkeit angeprangert wird, in einem Klima des „puren Terrors“.

Mindestens 15.000 Menschen sind gestorben und mehr als 26.000 wurden verletzt, doch diese Zahlen sind sicherlich zu niedrig angesetzt. Es gibt 11 Millionen Binnenvertriebene, 1,8 Millionen ExilantInnen, 18 Millionen Menschen sind akut vom Hungertod bedroht. 8 Millionen ArbeiterInnen haben ihre Arbeit und ihr Einkommen verloren. 70% der Gebiete haben weder Wasser noch Strom, 75% der Krankenhäuser sind zerstört, 19 Millionen StudentInnen haben ihr Studium abgebrochen, 600 Industriebetriebe wurden zerstört und geplündert, ebenso wie 110 Banken, 65% der Landwirtschaft wurde zerstört, 80% der Betriebsmittel (Düngemittel, Pestizide, Landmaschinen und Erntemaschinen) des Bewässerungsgebiets von Geziera – dem größten der Welt – wurden geplündert und zerstört …

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Lasst uns die Arbeitswelt wieder aufrüsten!

Folgender Text erschien Anfang März in der Zeitschrift der CNT-IAA Toulouse:

Die Forderung nach Wiederaufrüstung ist gerade sehr in Mode und wird von den Herrschenden für alles mögliche genutzt: Aufrüstung des Bildungswesens, Aufrüstung der Wirtschaft, demographische und moralische Aufrüstung usw. Man kann also sagen, dass wir in kriegerischen Zeiten leben. Denn wenn der Zeitpunkt kommt, muss jedes Rädchen ins nächste greifen – und darauf sollen wir geistig vorbereitet werden.

Machen wir uns bewusst, dass wir an einem besonderen Wendepunkt stehen: Noch nie war die Gesellschaft durch so viele tödliche Gefahren bedroht: Erderhitzung, Vernichtung der Artenvielfalt, Ausschöpfung der Ressourcen, Umweltbelastung durch Schadstoffe und die drohende Gefahr eines Großkonfliktes. Die Zukunft ist jedoch zumindest ungewiss.

Doch nur die Rüstungsindustrie hat Grund zu feiern! Aber wenn man unserer Regierung Glauben schenkt, gibt es keinen Grund zur Sorge. Es ist eine altbekannte Reaktion, dass ein bevorstehender Zusammenbruch die Führungskräfte eines Unternehmens oder eines Staates dazu veranlasst, immer riskantere und schwierigere Projekte zu starten. Sie hoffen auf ein Wunder, versuchen alles Mögliche und machen es in der Regel nur noch schlimmer – wobei sie die vorhergesagte Katastrophe weiter beschleunigen.

Natürlich haben die Regierungen seit vielen Jahren ihre Maßnahmen auf den Weg gebracht, um diesen Teufelskreis zu überwinden. Doch deren Wirksamkeit ist – gelinde gesagt – zweifelhaft. Die globale Erwärmung beschleunigt sich, die Artenvielfalt stirbt weiter ab, die Vergiftung von Wasser, Boden und Luft nimmt weiter zu. Und es werden bestimmt nicht die letzten Maßnahmen der französischen Regierung gewesen sein, die diesen Trend umkehren sollen. Und um dem Risiko eines drohenden Krieges zu begegnen, haben alle Staaten in massive Aufrüstungsprogramme investiert.

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Burma: Gewerkschaftssolidarität in stürmischen Zeiten

Die Worker Solidarity League of Burma (WSLB) wurde im Jahr 2000 gegründet als eine halb im Untergrund agierende Vereinigung zur Verteidigung der Rechte von Arbeiter*innen angesichts der fortschritenden Industrialisierung des Landes. Und nur eines der Gründungsmitglieder – Ye Naing Win – hat bis heute überlebt.

2012 wurde das Gewerkschaftliche Kooperationskomitee (CCTU) aus 45 Basisgewerkschaften gegründet. Mit dem Ziel diese zu organisieren und in starken Bündnissen zu vereinigen. Die WSBL/CCTU ist aktiv im täglichen Kampf um die Verteidigung und Förderung von Arbeitsrechten, zur zahlenmäßigen Weiterentwicklung der Gewerkschaften, für die Organisierung und Vernetzung mit weiteren Gewerkschaften und zum Aufbau eigener starker Gewerkschaftsföderationen auf kommunaler und nationaler Ebene, sowie nach Sparten.

Nach dem Militärputsch wurde das CCTU durch die Militärregierung des SAC (State Administration Council) verboten und war zahlreichen Repressionen ausgesetzt, wie auch andere Arbeiter*vereinigungen und Gewerkschaften. Unter allen Gewerkschaften und Branchenverbänden hat die WSLB mit ihrer über 20 Jahre langen Geschichte ihren Ruf behalten, sich nur für die Interessen der Arbeiter*klasse und nicht für Parteien einzusetzen.

Unter den Bedingungen von Putsch und Bürger*krieg sind die Gewerkschaften in zwei Lager gespalten – einerseits gibt es Gruppen auf Seiten der Nationalen Einheitsregierung (NUG) und andererseits welche für den Staatsverwaltungsrat (SAC). Die Arbeiter*innen-Solidaritätsliga von Burma (WSLB) kämpft schwer darum, während des Krieges zwischen den politischen Interessen der staatstreuen Parteien das Klasseninteresse zu vertreten. Die hat sich mit der Yangon Initiative der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (IWA-YAS) verbündet, um grenzüberschreitende Solidarität und einen wirklichen Internationalismus der Arbeiter*klasse gemeinsam mit anderen IAA-Mitgliedern aufzubauen.

Nun hat die Liga unter dem Namen der WSLB eine Arbeiter*innen-Konferenz organisiert an der einige Gewerkschaften aus Industriebereichen teilgenommen haben. Das Ziel der Zusammenkunft war, den Kontakt der Gewerkschaften untereinander wieder aufzubauen, sowie den Anarchosyndikalismus vorzustellen. Außerdem wurden aus den verschiedenen Arbeitsbereichen und Sektoren die jeweiligen Themen vorgestellt und diskutiert, aber auch die Arten der Zusammenarbeit und letztlich der Aufbau von Solidarität in der Arbeiter*klasse besprochen.

Der Höhepunkt der Diskussion während des Treffens war der vor Kurzem erfolgreiche Streik bezüglich der Erhöhung des Mindestlohnes. Dieser untere Tageslohn wurde zum 01.10.2023 durch einen Zuschlag von 1.000 MMK (ca. 0,42 EUR) von 4.800 MMK auf 5.800 MMK (ca. 2,54 EUR) angehoben.

Wegen dieser unzureichenden Löhne veruschen junge Arbeiter*innen ins Ausland abzuwandern. Die Inflation und die Erhöhung der Warenpreise haben die Arbeiter*innen dazu gezwungen, ihr Selbstbewusstsein in Frage zu stellen. Darüber hinaus waren während des größten Umsturz-Chaos die Arbeiter*innen nicht nur zwischen zwei Kriegspartien gespalten, sondern die bürgerliche Klasse konnte sie auch auf jede erdenkliche Weise in mehreren Arbeitsbereichen ausbeuten. Denn keine Nachrichten, Medien, Gewerkschaften oder zivilgesellschaftliche Organisation schaute mehr hin.

Das Gute daran ist, dass wir daran glauben, durch gegenseitige Hilfe und Solidarität wird es eine Chance geben, diesen Umsturz zu überleben. Und die arbeitenden Massen werden ihre wahre Stärke und ihre innere Kraft kennen lernen. Sie werden sich gegenseitig inspirieren, selbst voneinander lernen, sich selbst gegenseitig schützen und den bittersüßen Sieg gemeinsam teilen, denn die Solidarität ist ihr Klasseninteresse. Daher war dies eine gute Gelegenheit, sich für das Konzept von direkter Aktion, gegenseitiger Hilfe und Solidarität einzusetzen.

IWA Yangon Initiative

Quelle: https://iwa-yas.org/wslbs-workers-convergence-strength-in-solidarity-during-adverse-times/

Übersetzung: ASN Köln (CC: BY-NC)